Dienstag, 4. Dezember 2012

Ich sehe schwarz-grau-weiß

Endlich-Schnee
Ich sehe schwarz.
Nein, ich sehe nicht schwarz für meinen Freiwilligendienst. Ich sehe wirklich und wahrhaftig die Farbe Schwarz. Jeden Tag auf der Straße, an nahezu jeder Person, die mir entgegen kommt. Mir fiel diese beliebte Kleiderfarbe auf, als ich versuchte, den Geschmack der Ukrainerinnen zu beschreiben. Wenig lässig, elegant, körperbetont, bedacht und von Allem etwas zu viel als eigentlich nötig. Und natürlich schwarz. Schwarz sitzt. Schwarz macht schlank. Schwarz ist elegant. Schwarz ist sexy. Schwarz steht jedem. Schwarz passt zu allem. Seltsam. Dabei passt diese Tristesse gar nicht zu den Ukrainern.

Ich sehe grau.
Über eine Woche war unsere Stadt eingebettet in einen blickdichten Nebel. Ich stand auf, blickte aus dem Fenster und dachte für einen kurzen Moment, die Fensterscheibe sei grau angesprüht worden. Da ich im 8. Stock wohne, ist dies wohl kaum möglich.
Ich konnte die umliegenden Wohnblocks nicht erkennen und nur schemenhaft den Spielplatz am Boden ausmachen. Die leicht schwankende Schaukel erinnerte an einen Horrorfilm.
Man merkt, ich kann nicht von mir behaupten, dass ich dieses Wetter besonders mochte, aber zum Glück ist es damit vorbei und der Wechsel des Wetters bescherte uns endlich den ersten Vorboten des nahenden Winters:

Ich sehe weiß.
Schneeeeeeeee!!!
Endlich die prophezeite weiße Puderwelt!
Und mit dem Dezember und dem Schnee kam auch die Weihnachtsstimmung.
Der selbstgebundene Adventskranz ziert den Küchentisch, Weihnachtskerzen und dampfender Glühwein verbreiten den Duft nach Zimt und Orangen und auch die Plätzchen dürfen nicht fehlen!
Gemeinsam mit unseren Mädels vom Jugendclub wurde eifrig die typisch deutsche Adventszeit zelebriert.
Bald werden wir mit ihnen ein Projekt starten, in dem es vorallem um die Versüßung der Feiertage von Senioren gehen wird. Aber dazu mehr, wenn die Ideen ausgereifter sind.
Bis dahin: Eine schöne Adventszeit euch allen!
In-der-Weinachtsbaeckerei

Freitag, 23. November 2012

Von freundlichen, lauten, fremden Menschen

Wie es ist als Fremder in einer fremden Stadt mit einer fremden Sprache zu leben?
Ganz anscheinend selten.
Deutsch ist keine bloße Spache mehr. Es ist Statussymbol und Publikumsmagnet.
Da fährt man mit einer vollgestopften Maschrutka umher und unterhält sich lautstark mit seinem umherschwankenden Mitreisenden und schon sind mindestens fünf Augenpaare auf dich gerichtet.
Du lächelst schüchtern zurück und in den meisten Fällen ist es damit gegessen. Oder aber du wirst in ein sehr einseitiges Gespräch verwickelt, dessen Lautstärke sich stetig steigert.
Kopfschütteln und der Standartspruch "Ja Nerosmovlajo Ukrainskuju" (Ich spreche kein Ukrainisch) helfen da wenig.
Diese "Gespräche" sind verständlicherweise wenig sinnvoll und somit eindeutig in die Rubrik "freundlich, aber nervig" einzuordnen.
Strengen sich die Leute so sehr an, dass sie auf Zeichensprache umsetzen, kann es sogar eine sehr hilfreiche Konversation werden, in der man einiges lernen kann. Ist aber leider nur sehr selten.

Wir haben Bekannschaft mit einem Englischlehrer und einer Frucht Bar Kellnerin gemacht, die (man kann es sich denken) Englisch sprechen konnten und sehr interessiert an unserer Arbeit hier waren.
Die Sprache ist also noch immer ein großes Problem, auch wenn unsere Russischkenntnisse schon so weit reichen, dass es für eine kleine Vorstellung meiner Selbst ausreicht.
So lange das Gespräch im Nominativ bleibt und nicht in einer der anderen 5 (!!!) äußerst komplizierten Fälle abrutscht, könnte man mit viel Konzentration und frisch gelernten Vokabeln, vielleicht sogar eine kleine Konversation führen. Ich hoffe, bald den Angsthasen in mir überwinden und ein paar Gesprächsfetzen herausquetschen zu können.
Bis dahin bleibt es beim verlegenen Grinsen und der Hoffnung auf bekannte Worte, oder einem Englisch verstehenden Gesprächspartner.

Übrigens: Rekordverdächtige Temperaturen in der Ukraine! Letztes Jahr war um diese Zeit die Welt schon zugefroren. Die "milden" 4°c schenken uns eine ziemlich heimatliche Novemberstimmung.
Aber eine weiße Weihnacht ist uns wohl sicher :)
Herbsteindruecke

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Unterrichtserfahrungen

Gerade komme ich von meiner ersten wirklich geplanten und vorbereiteten Unterrichtsstunde in der 10. Klasse des Gymnasiums N.1.
Letzte Woche hatte ich auch schon eine.
Allerdings war diese eher spontan.
Am Mittwoch vor einer Woche wurden Sebastian und ich eingeladen, uns in der zu unterrichtenden Klasse vorzustellen und dem Unterricht zu folgen, um einen Eindruck vom Lehren und Lernen in der Ukraine zu bekommen.
Doch leider musste die Lehrerin uns verlassen, sodass wir ohne Vorbereitung vor der gespannten Klasse standen.
Es sind 12 Schüler.
Ein wirklich netter und talentierter kleiner Haufen.
Deutsch lernen sie bereits seit 8 Jahren und sind dementsprechend etwa auf dem gleichen Niveau deutscher Oberstüfler in Englisch.
Wir horchten sie nach Interessen und Vorschlägen für die kommenden Unterrichtsinhalte aus und entschieden uns, passend zum jetztigen Monat, mit dem Thema "Oktoberfest" den Deutschunterricht einzuleiten.
Wir planten eine Unterrichtsstunde, wie wir sie selbst von zu Hause kannten:
Die Schüler sollten eigenständig an zuvor festgelegten Themengebieten zum Oktoberfest arbeiten, ein Plakat gestalten und am kommenden Mittwoch eine 10 minütige Präsentation zum jeweiligen Thema halten.
Wir waren sehr gespannt, wie die Schüler auf diese Art des Unterrichtes reagieren würden, denn nach unseren Erfahrungen wird das ukrainische Unterrichtssystem vom Auswendiglernen dominiert.
Nicht vom kreativen Arbeiten.
Wie erwartet waren die Schüler dementprechend etwas überfordert und baten am Ende der Stunde darum, das Plakat Zuhaue fertigstellen zu können.
Sie wollten partu keine extra Arbeitszeit in der Schule. Nein. Sie wollten in Ruhe, mit System (und Internet) die Aufgabe fertigstellen.
Dass es bei dieser Aufgabe nicht darum geht, sich zu beweisen und ein perfektes Plakat zu gestalten, sondern darum, die richtigen Informationen aus den Texten filtern und den anderen bei der Präsentation begreiflich machen zu können, haben sie glaube ich noch nicht ganz verstanden.
Ich bin sehr gespannt auf die kommenden Präsentationen. Das Unterrichten gefällt mir sehr und ich mag die Vorstellung, den Kindern Kreativität vermittlen zu können.

In der Schule fühle ich mich mit meinem bunten Pulli und der neuen Wollmütze wie ein Kanarienvogel. Zur Schule trägt man hier eher schicke, als bequeme Kleidung.
Das Angestarre könnte aber auch daran liegen, dass ich bei 13°c schon rumlaufe, als stünde Weihnachen vor der Tür.
Morgenmuffel und Frosbeule ist eine schlechte Mischung.

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Kälteschauer

Der Winter kommt.
Er kriecht unter der Tür durch, sickert in die Erde und verwandelt meine Füße in Eiszapfen.
Aber vor Allem: Er kommt ohne Vorwahrnung!
Noch vor ein paar Tagen liefen wir in T-Shirt und Rock durch die Gegend (siehe Foto), heute wünsche ich mir meine Winterjacke herbei, die ich, optimistisch wie ich bin, Zuhause gelassen habe.
Das Wetter hält uns aber nicht davon ab, weiterhin unsere Umgebung zu erkunden.
Immerhin hat die Sonne uns nicht verlassen :).
Am 6. Oktober feierte ganz Chernivtsi den Geburtstag der Stadt. Es gab Konzerte, Ukrainisches Essen, viele Lichter und jede Menge sympathisches Tamtam.
Eine amerikanische Freiwillige zeigte uns ihre Lieblingsplätze und lud uns am Dienstag zu ihrem "English Club" ein. Hier treffen sich Leute, die sich auf Englisch miteinander unterhalten möchten. Neben Amerikanern finden sich hier Engländer, Australier, oder einfach Ukrainer von der Uni an, die ihr Englisch verbessern möchten. Es ist eine ungezwungene Atmosphäre und es tut gut, sich über die neue Umgebung austauschen zu können.

Gestern hatten wir unsere erste Ukrainischstunde.
Die kyrillischen Druckbuchstaben und einfache Grundkonversation, wie "Danke", oder "Hallo" haben wir uns innerhalb der letzten Woche schon selbst angeeignet. Jetzt steht Schreibschrift und Grammatik auf dem Stundenplan.
Ich bin mit vollem Elan bei der Sache und freue mich auf den Moment, mich ohne wirres Herumgefuchtel verständlich machen zu können.
Bei den meisten Spaziergängen muss ich wegen meines Fußes noch immer passen. Auch bei diesem war ich leider nicht dabei. Das Foto entstand bei einer Erkundungstour durch den naheliegenden Park und ist von Sophia geschossen worden

Freitag, 5. Oktober 2012

Neue Erfahrungen: Lesen lernen und Bus fahren (?)

Erkundungstouren
Vier 18-jährige Deutsche stehen im Supermarkt und starren angestrengt auf eine weiße Plasikflasche im Kühlregal.
Buchstabe für Buchstabe wird die neue Schrift entziffert. Joghurt, saure Sahne, Kefir, oder Milch?
War das P ein R und bleibt das K ein K? Wie war das nochmal?
Ich verfolge die Buchstaben mit dem Zeigefinger, so wie ich es in der ersten Klasse tat. Ein seltsames Gefühl...

Seit vier Tagen sind wir hier. Internetzugang gibts zurzeit nur begrenzt, aber wir haben ohnehin händevoll mit Einkaufen, Putzen und Einrichten zutun. Dennoch genießen wir den kurzen Kontakt nach Hause.

Ich habe mir kurz vor der Abreise eine Bänderzerrung zugelegt und bin dementsprechend noch etwas außer Gefecht gesetzt. Aber mit Bussen zu fahren ist hier so außergewöhnlich und spannend, dass diese Abenteuertour einen guten Ersatz zum Spazierengehen darstellt.
Die kleinen Busse, sogenannte "Maschrutkas", winden sich gekonnt durch den störenden Autoverkehr. Nebenbei nimmt der Busfahrer das Fahrgeld entgegen, das einmal quer durch den Bus nach vorne gereicht wurde, und gibt das passende Welchselgeld samt Fahrkarte nach hinten zurück.
Ja, dieses Prinzip klingt riskant, ist aber wirksam!
Obwohl das Geld durch zwanzig Hände wandern kann, bis es bei dir ankommt, macht man sich keine Sorgen über Diebstahl! Und da erzählt man uns von den Taschendieben in der Ukraine :P!

Die Innenstadt ist wunderschön, unsere Wohnung erinnert an einen griechischen Tempel und die Sonne scheint morgens lächelnd ins Zimmer!
Ich schreibe häufiger, wenn ich permanent Internet habe!
Liebe Grüße aus dem Land mit den Milchbeuteln!

Montag, 1. Oktober 2012

Morgens halb 4 in Deutschland

Da bin ich also.
Ich bin überrascht, wie glatt alles in den letzten zwei Wochen lief. Ich habe mein Visum, ich mein Ticket und nahezu tränenfreie Abschiede bestritten.
Endlich ist alles fertig in den Taschen und Koffern verstaut und die viel zu laute Ikea-billig-Uhr tickt verheißungsvoll vor sich hin.
In einer halben Stunde fahre ich los zum Flughafen.
Dann beginnt endlich mein Abenteuer.
Mein Puls rast.
Koffein ist gar nicht mehr notwendig!
Den nächsten Bericht, gibts dann aus der Ukraine!
Tschüss Hamburg, meine Perle!
Tschüss meine Freunde!
In einem Jahr sehen wir uns wieder <3Koffer-gepackt

Mittwoch, 29. August 2012

Hallo Probleme! Ihr stört.

Da liegen sie.
Direkt neben mir.
Ein wunderschönes Bahnticket nach München und die Bestätigung meiner Flüge nach Czernowitz.
Doch leider muss ich sie zurückschicken.
Nein.
Ich habe mich nicht umentschieden und auch sonst steht meinem Freiwilligendienst wenig im Wege. Nur diese eine klitzekleine Kleinigkeit.
Mein fehlendes Visum.
Vier Mal war ich im Generalkonsulat der Ukraine in Hamburg.
Vier Mal habe ich mindestens zwei Stunden gewartet, habe interessante Gespräche mit Ukrainern geführt (und ihre Hilfsbereitschaft zu schätzen gelernt!), dem Konsulatsbeauftragten mit Händen und Füßen begreiflich gemacht, was ich will und bin schließlich unbefriedigt nach Hause geschickt worden.
Die Visabestimmungen haben sich seit letztem Jahr stark verschärft, dodass uns die Einreise deutlich erschwert wird, aber das sollten wir überwinden können.

Nun geht es also etwas später los und ich kann meinen vorbereiteten Kleiderstapel getrost wieder in den Kleiderschrank sortieren.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

"You say Good Bye and...
Elf Monate sind vorbei und damit auch mein Freiwilligendienst. Ich...
Fiine - 1. Sep, 00:35
Auf Erkundungstour
In Deutschland ist wenig über die Ukraine bekannt....
Fiine - 20. Aug, 20:04
Arbeitlos und auf der...
Sie kamen schnell. Viel schneller als in den vergangenen...
Fiine - 11. Jul, 13:32
Heilige Dusche
Nachdem Jesus im Winter zweimal geboren wurde, durfte...
Fiine - 9. Mai, 11:15
Kiew Spring Camp
Zwei Couchsurfer aus Kiew besuchten uns vor zwei Wochen....
Fiine - 9. Mai, 11:12

Links

Das bin ich und das tue ich:

Standartsatz: "Mein Name ist Fine, eigentlich Josefine, aber nennt mich Fine" Ich bin 18 Jahre alt, aus Hamburg, habe mein Abi in der Tasche und nun die große weite Welt vor Augen. Ich habe mich entschieden, über "Jugend im Ausland "ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Ukraine, Czernowitz (nordöstlich der Karpaten) zu leisten und berichte hier von meinen Erfahrungen, Eindrücken, Veränderungen und Erlebnissen in dieser fremden Umgebung. Gemeinsam mit meinen wunderbaren Mitreisenden Sophia, Pauline und Sebastian werde ich Deutsch und falls ich möchte auch Englisch in Kindergärten, einer weiterführenden Schule und in einer Erwachsenengruppe unterrichten. Auch andere Treffen oder Veranstaltungen können wir auf Wunsch organisieren. Ich kann meine Nervosität momentan nicht in Worte fassen, doch in Gedanken sitze ich schon in meinem Zug nach München, freue mich meine Mitreisenden wiederzusehen und auf das spannende Jahr, das mich erwartet! Viel Spaß beim Verfolgen meines kleinen Abenteuers :)

Suche

 

Status

Online seit 4311 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 1. Sep, 00:35

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren